8
Okt
2006

Warum ich die Gesundheitskarte ablehne

Aesculap, Wikimedia

Zuerst: Ganz pragmatisch.
Gerade erlebt: Ich musste mich wieder einmal bei einer Arztpraxis meines Vertrauens sehen lassen - grundsätzlich, und weil ich etwas mehr Klarheit über meinen Hexenschuss haben wollte. Ich geh' also zum Beginn des Quartals hin, Praxisgebühr soll sich schließlich lohnen. Der Arzt ist auch höchst erfreut, nach dem Motto:
"Wenn ich Sie schon mal hier habe, dann können wir auch gleich noch dieses und jenes mit untersuchen."
Na gut, denke ich, zumindest kann es nichts schaden. Ja, das denke ich immer noch.
Dann bekomme ich eine Überweisung für eine Röntgenaufnahme der Wirbelsäule, ich will mich bei einer Röntgenpraxis anmelden: Was soll den geröntgt werden?! Steht nicht auf dem Zettel.
"Mir tut's im Lendenwirbelbereich weh". Meine Auskunft reicht nicht. Der Arzt muss das zwingend aufschreiben. Also geh' ich nochmal hin.
"Ups!", sagen die dort, "kann passieren." Klar. Ich geh' mit dem kompletten Schein zum Röntgen.
Die Ärztin macht Aufnahmen im Hals- und im Brustbereich, meine Schmerzen sind aber, nun ja, überm Steißbein!

Nächstes Kapitel: Blutuntersuchung. Meine Adern sind schwer zu finden, ich krieg' jedes Mal einen riesigen Bluterguss. Beim nächsten Arztbesuch: die Blutprobe ist geronnen, wir müssen das nochmal machen. Also neuer Termin, aber erst, wenn sich das Gewebe etwas erholt hat. Beim nächsten Mal ist jemand mit einer AIDS-Erkrankung vor mir dran, im Wartebereich kann man die Gespräche der MTA mithören. Alles nicht besonders vertrauenerweckend.
Anschließend wieder zum Arzt. Mein Blutdruck wird gemessen. Das gibt jedes Mal Theater, das kenne ich schon.
Der Arzt: "Der ist viel zu hoch! Da müssen wir was machen!!"
Ich: "Das hatte ich schon mal. Beim Arzt war der Blutdruck hoch, beim 24-stündigen Kontrollmessen war dann alles im grünen Bereich. Beim Selbermessen übrigens auch, weil ich diese Prozedur beim Arzt nicht nochmal machen möchte und die Kontrolle lieber selbst behalte."
Der Arzt: "Trotzdem. Das müssen wir genauer untersuchen, wir warten erst noch die Blutuntersuchung ab, dann überlegen wir nochmal!"
In dem Moment habe ich mich innerlich verabschiedet.

Weil ich mich während des Gesprächs zweimal geräuspert habe, bekomme ich anschließend eine Überweisung für eine Schilddrüsensonographie mit.

Als ich zuhause draufschaue, stelle ich fest, dass bei dem Patietennamen ein anderer Name eingetragen ist, wahrscheinlich die ältere Dame, die nach mir auf der Warteliste stand. Wenn ich diese Sonographie machen wollte, müsste ich also wieder in die Arztpraxis.
Ich habe dann nur noch die Werte telefonisch abgefragt, alles war in Ordnung. Meine eigenen Blutdruckmessungen haben Werte im Toleranzbereich ergeben. Also bin ich eigentlich völlig gesund, ich weiß nur immer noch nicht, was mit meinem Lendenwirbel los ist.

Was hat das alles gekostet?

Welche Eintragungen würden jetzt auf meiner Gesundheitskarte stehen: Ich habe AIDS? Ich krieg' morgen einen Herzinfarkt? Ich brauche dringend eine Hormonersatztherapie?

Wie könnte ich das kontrollieren? Und wenn ich etwas falsches feststelle, wie werde den Eintrag wieder los?

Eine zweite Meinung darf ich ja dann nicht mehr einholen. Es ist ja gerade erklärtes Ziel der Reform, Doppeluntersuchungen zu vermeiden.

Und außerdem habe ich grundsätzliche Bauchschmerzen, wenn es um den sensiblen Gesundheitsbereich geht:
Mich stört ganz generell im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform der einzurichtende zentrale Gesundheitsfonds, bei dem dann all diese Daten zusammenlaufen, und der auf eine Zentralerfassung aller Biodaten der Bevölkerung hinausläuft: Vorbereitung einer umfassenderen Biopolitik. Ausverkauf der Daten an den biologisch-industriellen Komplex. Reine Horrorszenarien tun sich auf!
Ich richte eine neue Kategorie in meinem Blog ein. Stammzellforschung gehört eigentlich mit rein, aber ich komm hier nicht an die Datenbank ran...
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